Reitlehre- Longieren - "Hufschlag frei...", 21. Ausg., 2002.

    Das Oberste Ziel jeder Ausbildung ist:
    Harmonie von Reiter und Pferd und damit das Vertrauen zueinander, gleichgültig in welcher Disziplin und auf welchem Niveau und das Gesunderhalten des Pferdes!

    Das richtig durchgeführte Longieren ist es eine sinnvolle Ergänzung der vielseitigen Ausbildung der Pferde. Angewendet wird die Longenarbeit in folgenden Fällen:

  • Gewöhnung an den Menschen, an die Stimme und an Gehorsam,
  • Gewöhnung des Pferdes an Sattel und / oder das Geschirr,
  • Unterstützung der Ausbildung des Pferdes,
  • Ausbildung des Pferdes ohne Belastung durch das Reitergewicht,
  • Bewegung von Pferden, die z.B. nach Krankheiten langsam wieder an ihr tägliches Arbeitspensum herangeführt werden sollen,
  • Vorbereitung auf Bodenrickarbeit und das Springen (nur für Fachleute),
  • Erleichterung der Ausbildung bei Exterieurmängeln,
  • Korrektur von Problempferden,
  • weiterführende Ausbildung des Pferdes insbesondere im Hinblick auf die vorbereitende Arbeit in der Versammlung,
  • Sitzschulung des Reiters, Durchführung des Voltigiersports und
  • letztendlich aus anderweitigen Gründen, wobei das Bewegen des Pferdes im Vordergrund steht.

    Richtiges Longieren kann von hohem Wert sein - falsches Longieren kann mehr Schaden anrichten, als wenn nicht longiert wird.

    Ort: Reithalle, Longierplatz, überdachter Longierzirkel, Longierhalle (äußerst selten vorhanden) und schließlich Außenplatz: nur bei in Gehorsam stehenden, fortgeschrittenen Pferden;
    Hufschlag jeweils mindestens 13, besser 15 oder mehr Meter Durchmesser.

    Boden: griffig, nicht zu tief, gleichmäßig und eben.

    Begrenzung:

  • vor allem bei jungen, unerfahrenen Pferden nötig, ansonsten erwünscht,
  • soll möglichst keine Gefahrenherde beinhalten,
  • soll achtungsgebietend und hoch genug sein,
  • niemals z.B. nur Stroh-, Heuballen oder Dressurvierecksbegrenzungen verwenden.
  • Ausrüstung:

  • Longierpeitsche: lang genug, um das Pferd (möglichst auch auf der Außenseite der Hinterhand) erreichen zu können, z.B. 7 Meter (Schaft 3m, Schlag 4m).
  • Longe: griffig und geschmeidig, aber nicht elastisch, z.B. aus Baumwolle; nicht aus Leder, Nylon (rauh, Gefahr für Finger und Hände bei ungewolltem Durchziehen), keine Stege, keinen Wirbel; Länge mindestens 7, besser 8 Meter.
  • Zäumung: Trense, ansonsten im Anfang und kurzzeitig zwischendurch (Gefahr des Verwerfens im Genick) sehr gut passender (ansonsten große Verletzungsgefahr für das Pferd, z.B. das Auge) Kappzaum.
  • Longiergurt u./o. Sattel: Longiergurt: hat viele Verschnallungsmöglichkeiten, aber eine sehr kleine Auflagefläche und hat meist instabile Lage auf dem Pferderücken (Wichtig: gut ausgeprägte Widerristfreiheit und weiche dicke Unterlage, z.B. Schaumstoff).
    Sattel: möglichst ohne Steigbügel, oder diese sehr gut befestigt, bietet bessere Lage auf dem Pferd, gleichzeitig Gewöhnung an diesen und beginnende Ausbildung der Sattellage, bietet aber wenig Verschnallungsmöglichkeiten und die Sattelblätter klatschen unnötig.
    Kombination Sattel und Longiergurt: bietet alle Vorteile des Longierens mit Sattel in Kombination mit den Vorteilen des Longiergurtes und gleichzeitig werden die Sattelblätter fixiert.
  • Hilfszügel: in den meisten Fällen reicht der einfache, starre Ausbinder (ohne Gummiringe, ... , denn diese führen zum 'auflümmeln' und verstärken damit den Unterhals). Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von doppeltem Ausbinder oder Dreieckszügel. Hier und da ist auch das Verwenden anderer Hilfszügel (nur von einem Fachmann) möglich, doch keine der anderen Varianten bietet dem Pferd eine äußere Begrenzung. Daher sollte man möglichst rasch zu den Ausbindern zurückkehren.
  • Auf gar keinen Fall, erst recht nicht beim Longieren mit Reiter oder beim Reiten, sollten Stoßzügel verwendet werden, denn diese sind "Mordinstrumente" - diese gehören verbannt!

  • Schutz für Pferdebeine, -hufe: auf alle Fälle gegen Verletzungen zumindest mit Bandagen, besser mit Gamaschen u./o. Streichkappen schützten. Stellenweise ist der Einsatz von Springglocken empfehlenswert.
  • Longenführer: Handschuhe, festes Schuhwerk oder Reitstiefel, aber ohne Sporen!!!, geschlossene Jacke/Weste, keine Ringe an den Fingern.
  • Technik des Longierens / Hilfengebung:

    Sichere Beherrschung der Ausrüstungsgegenstände!, sicheres Wissen über Bedeutung der verschiedenen Hilfsmittel, sicherer, gezielter, feinfühliger Einsatz genügend aufeinander abgestimmter Hilfen, hohes Maß an Konzentration, Treiben hat Vorrang, immer das Pferd beobachten!

    Dadurch erst können verschiedene Ziele der Ausbildung angestrebt und die Hilfen / Hilfsmittel individuell auf die jeweiligen Erfordernisse des Pferdes abgestimmt werden.

    Hilfsmittel bzw. Hilfen sind folgende: Longe, Peitsche, Stimme

  • Longe: Wichtig: Richtige Handhabung, wie z.B. das Aufnehmen (Aufwickeln) sowie das Verlängern und auch die stete, feinfühlige Verbindung zum Pferdemaul (Linie: Unterarm-Faust-Longe-Pferdemaul). Aufgabe: Pferd führen, Stellung erhalten; schlängelnde Bewegung wirkt heraustreibend;
    Pferd: Linke Hand ® Longe linke Hand; Pferd: Rechte Hand ® Longe rechte Hand
    Fehler: steifer Arm / Hand, Durchhängen, zu stramme Verbindung, falsches Aufnehmen, ...
  • Peitsche: Wichtig: Richtige Handhabung, wie z.B. der Einsatz (kein Knallen oder Schlagen) - nie auf den Boden legen; gezielter Einsatz an unterschiedlichen Punkten der Hinterhand durch Berührung; Richtung Bauch, Schulter: Heraustreiben; nie im Kopfbereich!!!; Pferd: Linke Hand ® Peitsche rechte Hand;
    Pferd: Rechte Hand ® Peitsche linke Hand
    Fehler: ungeübter Umgang, auf den Boden legen, zu lauter / zu starker Einsatz, ...
  • Stimme: Ein wichtiges Hilfsmittel! Kein Brüllen / Schreien!!! Ruhige tiefe Stimme und langgezogene Vokale wirken beruhigend, anhebende aufmunternde Stimmführung wirkt auffordernd / aufmunternd; selbe "Stimm-Hilfe" für selbe Aufgabenstellung, z.B. "teeeraaab" für Übergang von Galopp zum Trab - "terab" für Übergang vom Schritt zum Trab; Stimme immer in Zusammenhang mit Longe und Peitsche!
    Fehler: zu laut / zu leise, ständig, zu wenig, von Außenstehenden, immer gleich: Tonfall / Betonung / Lautstärke, ...
  • Grundsätze des Longierens / Aufbau der Longenstunde:

    Vor Arbeit: Überprüfen der Vollständigkeit der Ausrüstung, sind Ausrüstung / Platz in Ordnung?

    Beginn: Immer auf der 'besseren Seite' beginnen, grundsätzlich, wie beim Reiten, zuerst 10-15 Minuten Schritt!!!; vorher besser möglichst auf der Geraden Schritt führen.
    Zu Beginn gleichlang und länger (nicht zu lang) ausbinden; später: innen etwas kürzer ausbinden und insgesamt Ausbinder verkürzen (Stirn-Nasenlinie: 2-3 Finger bis 1 Handbreite vor der Senkrechten).

    Arbeitsphase: a) Sicherheit; b) Ruhe; c) Ausbildungsskala beachten: 1.Takt, 2.Losgelassenheit, 3.Anlehnung, 4.Schwung, etc..; d) nach spätestens 5-10 Minuten Handwechsel (Pferd steht auf Zirkellinie ® umschnallen ® Vorhandwendung oder / sicherer, in Mitte des Zirkels führen ® umschnallen ® herausführen / herauslongieren); e) nicht zu lange (30 - 40 Minuten), da hohe Belastung!; f) Takt und Losgelassenheit bei korrekter Anlehnung und den Schwung erarbeiten / verbessern (durch z.B. viele weiche, fließende Übergänge innerhalb einer Gangart und zwischen den Gangarten); g) Longenführer verlagert absichtlich Standort: Verbesserung der Aufmerksamkeit; h) Zirkel verkleinern (max. 2 - 3 Runden) u. vergrößern: Verbesserung der Aufmerksamkeit, Anlehnung, Schwung, ...; i) über Bodenricks und später leichte Sprünge (nur für Fachleute): keine Ecken und Kanten, an denen Longe hängen bleiben kann!!!

    Schluß: Am Ende eine Beruhigungsphase einplanen; Abschluß im Schritt und Loben nicht vergessen.

    Anmerkung: Bei jungen und bestimmten Korrekturpferden immer für die Anwesenheit von mindestens einem guten Gehilfen sorgen.

    Die Doppel-Longe:

    ist das weiterführende Mittel in der Ausbildung (Wichtig: hinten Bandagen, keine Gamaschen oder ähnliches wegen der Gefahr des Hängenbleibens der Doppellonge).
    Verbesserung der Geraderichtung und der Versammlung gut möglich!
    Die letzte und folgerichtig zu erreichende Stufe ist die Arbeit am "Langen Zügel" (Sicherheitsabstand zum Pferd: ca. 2 Meter, Handarbeitsgerte statt Longierpeitsche).

    Dr. A. Groos